Eltern sind von Natur aus die besten Sprachlehrer ihrer Kinder. Sie passen ihre Sprache und ihr Tun intuitiv dem Kind an. In allen Kulturen der Welt sprechen Eltern instinktiv auf eine besondere Art mit ihren Kindern und bauen so den Kontakt und das Miteinander auf.
Das Kind knüpft seine ersten Kontakte zu den Eltern. Diese ersten Erfahrungen sind die „Wiege der Sprache“. Eltern fördern die Sprache ihrer Kinder, wie schon erwähnt, instinktiv richtig.
Grundsätze bezüglich sprachförderndem Verhalten:
• Kinder brauchen Nähe Zuwendung und Blickkontakt gehören immer zu einem Gespräch. Das gilt für kleine und große Kinder – und für Erwachsene ebenso. Babys hören in nahen Situationen – beim Stillen, Füttern, Baden, Wickeln usw. – besonders gut zu.
• Die überspitzte „Babystimme“ macht Sinn. Das Baby wird auf die Sprachmelodie aufmerksam und beginnt sie nachzuahmen. „Babysprache“ ist niedlich und natürlich für ein Baby, ein kleines Kind (sicher ab 18 Monaten) ist aber zu alt dafür. Sprechen Sie dann lieber mit einfachen Worten als in „Baby-Kauderwelsch“ (z.B. Hund statt Wauwau) mit Ihrem Kind.
• Rhythmus, Betonung und Klang regen das Sprachgefühl an. Auch Krabbelverse und Reime sind hervorragende Mittel zur Sprachförderung.
• Sagen Sie dem Kind den Namen des Gegenstandes, den es sieht oder in den Händen hat. Erzählen Sie ihm, was Sie gerade vor seinen Augen tun, denken Sie laut. Das Kind lernt Worte, in dem es sie oft genug im gleichen Zusammenhang hört.
• Ermuntern Sie Ihr Kind zum Hinhören. Lauschen Sie mit dem Kind der Rassel, der Klingel oder einfach den Geräuschen der Umwelt. Sorgen Sie dafür, dass das kleine Kind nicht ständiger „Geräuschberieselung“ durch Radio und Fernsehen ausgesetzt ist. Das Kind versucht auch hier wichtige Geräusche herauszufiltern und kann damit überfordert werden.
• Sobald Ihr Kind sich mitteilen kann, sollten Sie ihm nicht jeden Wunsch von den Augen ablesen. Geben Sie ihm Zeit und helfen Sie ihm, damit es Ihnen seinen Wunsch sagen oder zeigen kann.
• Es bringt nichts, wenn Ihr Kind ein Wort „noch einmal richtig sagen“ soll. Das Kind wird das Wort richtig sagen, wenn es in seiner Entwicklung so weit ist. Im schlimmsten Fall kann es durch das „richtig sagen sollen“ unter Druck geraten. Wiederholen Sie stattdessen das Wort, das noch falsch ist:
Kind: „Fant!“
Erwachsener: „Ja, ein Elefant!“
Das Kind hört somit, wie das Wort richtig klingt. Es wird das Wort wie alle anderen aussprechen, wenn die Zeit dafür reif ist.
• Sprechen Sie deutlich und langsam. Das Kind hat dadurch genug Zeit, das Gehörte zu verarbeiten.
Und am wichtigsten: Haben Sie Spaß beim Sprechen! Was lustig ist, lernt man gerne.
Sie helfen Ihrem Kind, wenn Sie:
• Ermutigen und loben, statt zu kritisieren.
• Akzeptieren statt vergleichen.
• Das Wort selber richtig wiederholen statt es vom Kind „richtig sagen“ zu lassen.
• Zeit lassen, statt zu drängen.
• Zuhören, aussprechen lassen und nachfragen, statt ins Wort zu fallen.
• Miteinander spielen und sprechen, statt zu üben.
• Klar und einfach sprechen (nicht zu viel auf einmal).
• Zuhören, was das Kind zu sagen hat, statt auf Sprechfehler zu achten.
Es kommt darauf an, WAS das Kind Ihnen mitteilen möchte und nicht WIE es dies tut!
Besser zusammen lachen, als alles richtigmachen!
Nehmen Sie ihr Kind ernst, indem Sie:
• es anschauen, wenn Sie mit ihm sprechen
• ihm zuhören
• ihr Kind aussprechen lassen
• ihr Kind nicht verbessern, während es redet
• mit ihm spielen, statt zu üben
• es nicht nachsprechen lassen
• in vollständigen, aber nicht komplizierten Sätzen wiederholen, was es gesagt hat. Sie zeigen Ihrem Kind damit, dass Sie es verstanden haben und bieten ihm so ein korrektes Sprachvorbild
Haben Sie Spaß und Freunde mit ihrem Kind, indem Sie:
• mit ihm singen und tanzen
• mit ihm Bilderbücher anschauen
• und ihm Geschichten erzählen
• nehmen Sie sich täglich Zeit, die nur für ihr Kind bestimmt ist und in der sie nicht parallel etwas Anderes tun. Das können 15, 20, 30 Minuten sein oder 1 Stunde – je nachdem, wie Sie es einrichten können
• nicht das Fernsehen oder der Computer sind schädlich, sondern nur der Umgang damit. Daher ist es ratsam, wenn Sie die Medienzeit für ihr Kind begrenzen. Sprechen Sie mit Ihrem Kind über die Inhalte der Fernsehsendungen. Die Zeit am Computer wird begrenzt und über Computerspiele gesprochen.
Bilderbücher
Beim gemeinsamen Betrachten eines Bilderbuches sind das Kind und der Erwachsene nahe beieinander. Das Kind spürt die Vertrautheit und Wärme. In dieser Situation ist die Aufmerksamkeit beider auf ein gemeinsames Thema gerichtet und das Kind erhält die ganze Zuwendung. Im Säuglingsalter ist das Kind vor allem am Gegenstand und Material interessiert, so nimmt es beispielsweise Bücher in den Mund.
Mit zunehmender Entwicklung fängt das Kind an, sich für die Bilder zu interessieren. In dieser Phase wird das Benennen von Dingen wichtig.
Zwischen dem Kind und dem Erwachsenen kann nun ein Gespräch entstehen:
• Das Kind zeigt auf einen Gegenstand und der Erwachsene benennt ihn
• Das Kind benennt einen Gegenstand und der Erwachsene gibt ihm Rückmeldungen dazu (z.B. fragt er nach, ruft erfreut aus, bestätigt das Kind oder stellt Zusammenhänge zum Alltag her)
Der Erwachsene passt sich im Gespräch intuitiv dem Entwicklungsstand des Kindes an. Die Sprechgeschwindigkeit ist langsam und die Aussprache deutlich. Die Stimme wird melodischer und heller. Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Eltern automatisch auf diese Technik (in der Fachsprache auch motherese genannt) zurückgreifen. So kann das Kind viele neue Wörter lernen.
Das Betrachten eines Bilderbuches bietet zudem eine gute Möglichkeit, Gesprächsregeln, wie den Wechsel zwischen Zuhören und Erzählen, zu lernen.
Durch die Erfahrung mit Büchern lernt das Kind Zusammenhänge zu erkennen und Abläufe zu verstehen. Dies ist eine Vorbereitung für das spätere Lesen und Schreiben. Die Erfahrung, dass durch Bilder und Schrift Geschichten vermittelt werden können, ist von großer Bedeutung für das spätere Lese- und Schreibverhalten.
Verse und Reime
Verse und Reime bestehen aus Wörtern und Rhythmus. Kleine Kinder haben großen Spaß an Krabbel- und Fingerversen. Diese verbinden den Rhythmus des Verses mit Bewegungen. Mit Hilfe der Bewegungen kann sich das Kind darin üben, Reihenfolgen einzuhalten. Es kann sich zum Beispiel anhand seiner eigenen Finger merken, was als nächstes kommen wird. Für die Entwicklung der Sprache ist es wichtig, dass sich das Kind Reihenfolgen merken und diese auch wiederholen kann. Ein Finger- oder Krabbelvers hat ein lustiges Ende. Kleine Kinder freuen sich schon im Voraus darauf. Sie finden Vergnügen am Spiel mit der Sprache.
Ältere Kinder wissen, dass sich die Wörter am Ende einer Zeile normalerweise reimen. Was es mit diesem „Reimen“ auf sich hat, können kleinere Kinder noch nicht verstehen. Bei älteren Kindern (etwa ab fünf bis sechs Jahren) ist das Reimen aber ein beliebtes Spiel. Sie üben dabei eine Menge wichtiger Dinge. Kann man reimen, so hat man verstanden, dass Wörter einen Anfang und ein Ende haben.
Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass ein Kind später mit dem Schreiben und Lesen beginnen kann. Auch bei älteren Kindern gilt, dass diejenigen am besten lernen, die Spaß an der Sache haben dürfen.
Lieder
Beim Singen kann das Kind Erfahrungen mit dem Klang seiner eigenen Stimme machen. Die Stimme klingt hoch und tief, leise und laut, je nach dem was man damit ausdrücken will. Durch die Melodie und den Rhythmus eines Liedes lassen sich Gefühle und Stimmungen wiedergeben. Das Zusammenspiel von Melodie und Rhythmus in der Sprache nennt man Prosodie. Kinder erwerben ihre Muttersprache nicht Wort für Wort, sondern nehmen deren Prosodie auf. Das Wissen um die einzelnen Wörter entwickelt sich erst mit der Zeit.
Wenn kleine Kinder singen, rückt der Text in den Hintergrund. Die Wörter verschmelzen miteinander. Dennoch sagt ein Lied etwas aus. Das Lied kommt in einer bestimmten Situation vor (z.B. an Weihnachten) oder ist auf etwas Bestimmtes gerichtet (z.B. ein Lied für einen Käfer). Das Kind kann so den Zusammenhang zwischen Wörtern, Dingen und Situationen erfahren.
Durch das Lernen von Melodie und Text eines Liedes, wird das Gedächtnis trainiert. Lieder in verschiedenen Situationen sind Rituale für das Kind. Diese sind wichtig, weil sie das Gefühl von Sicherheit vermitteln können. Beispiele dafür sind Schlaf- oder Trostlieder.
Basteln
Beim Basteln kann sich das Kind entfalten und seiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Ziel sind nicht in erster Linie gelungene Bastelarbeiten, sondern die Umsetzung eigener Ideen und das Erfahren von verschiedenen Materialien und Techniken. Materialerfahrungen sind unter anderem auch wichtig für den Spracherwerb. Das Kind erlebt was glatt, klebrig, nass etc. bedeuten und erfährt auch die Bedeutung von schneiden, kleben, reißen, schmieren, malen.
Auch lernt es, Zusammenhänge zu erkennen. Die Eltern unterstützen beim Basteln meist intuitiv jeden Schritt mit Sprache.
Kochen
Beim Kochen arbeiten das Kind und der Erwachsene an einem Ziel. Wie bei jeder gemeinsamen Aktion mit den Eltern erfährt das Kind Geborgenheit. Es macht Spaß und bereitet Freude, zusammen etwas zu erarbeiten. Das Kocherlebnis ist eine sehr kommunikative Handlung und die Neugierde des Kindes ist groß. Es fragt, antwortet, erzählt, erklärt und eignet sich dabei Wörter und Sprachregeln an. Das Kind lernt, einen Ablauf zu planen, sich diesen vorzustellen und durchzuführen. Auch kann es Zusammenhänge erkennen. Beim Kochen werden zudem verschiedene Sinne angesprochen: Sehen, Fühlen, Riechen und Schmecken. Dadurch wird die Wahrnehmung gefördert. Dabei lernt es neue Wörter warm, flüssig, Kochlöffel etc.