Therapie_Konzept_Marburger Konzentrationstraining – Konzentriert geht’s wie geschmiert!

Das Marburger Konzentrationstraining (MKT) wurde Anfang der 1990er-Jahre von dem Marburger Schulpsychologen Dieter Krowatschek entwickelt. Krowatschek stellte sein Konzept 1992 auf der 10. Bundeskonferenz der Sektion Schulpsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen vor.
Das Marburger Konzentrationstraining (MKT) beruht auf der Methode der verbalen Selbstinstruktion, die der kognitiven Verhaltenstherapie entstammt, und ist für Kinder geeignet, die leicht ablenkbar sind oder Schwierigkeiten mit der Konzentration haben, aber auch für solche, die ihre Fähigkeiten des Lernens erweitern und strukturieren möchten.
Das MKT beinhaltet das Training der Sinne, eine Entspannungssequenz, das Einüben des reflexiven Arbeitsstils und Belohnungssysteme, die das Selbstbewusstsein des Kindes fördern.
Zu jeder Übungseinheit gehört das Training der Basissinne. In diesem Bereich werden alle Wahrnehmungskanäle sowie das Gedächtnis mit spielerischen Übungen trainiert und gefördert.
Entspannung ist eine Voraussetzung für konzentriertes Arbeiten. Für viele Kinder ist es sehr schwierig, zur Ruhe zu kommen und sich auf eine Situation einzulassen. Während dieser Sequenz lernen sie, sich systematisch zu entspannen.
Impulsiv arbeitende Kinder lernen sich zu bremsen sowie genaues Arbeiten. Kinder, die sehr langsam und unstrukturiert arbeiten, lernen kontrolliert und Schritt für Schritt weiterzuarbeiten.
Leider erleben viele unkonzentrierte Kinder im Alltag Misserfolge und beginnen, an sich selbst und ihren Fähigkeiten zu zweifeln. Während des MKT lernen sie, Probleme selbstständig anzugehen, dass ein Fehler nichts Schlimmes ist und dass sie vieles tatsächlich schon gut können. Auf diese Weise wird ihr Selbstbewusstsein gestärkt und ebenso ihre Bereitschaft, weiter zu lernen, auch wenn die Aufgabe zu Beginn schwierig erscheint.
Belohnungssysteme dienen als positive Verstärker und motivieren durch Freude. Erfolgserlebnisse ermutigen und veranlassen Kinder, sich Mühe zu geben und vieles zu wagen, was sie sonst nicht versucht hätten.
Vor Beginn des MKT findet ein Elternabend statt, bei dem über das Konzept informiert wird und es die Möglichkeit zu Fragen und Austausch gibt.
Es gibt ein MKT für verschiedene Altersklassen:
● Vorschulkinder
● bis zur 2. Klasse
● 2. bis 4. Klasse
● Jugendliche

Eine Trainingsgruppe besteht aus maximal sechs Kindern, eine Trainingseinheit dauert eine Stunde.
Was bedeutet eigentlich „Konzentrationsstörung“?
Ein Kind hat Konzentrationsschwierigkeiten, wenn es ihm schwerfällt, seine Aufmerksamkeit der Situation entsprechend zu steuern, also
● sich einer Sache gezielt zuzuwenden und dabeizubleiben,
● Unwichtiges auszublenden und
● die Aufgabe in angemessener Zeit zu bearbeiten.

Konzentrationsstörungen hindern das Kind daran, die Leistungen zu erbringen, die ihm aufgrund seiner Intelligenz eigentlich möglich wären!

Es gibt zwei Gruppen von Kindern mit Konzentrationsstörungen:
a) Unkonzentriert und unruhig: Diese Kinder sind unaufmerksam, ablenkbar, wenig ausdauernd, motorisch unruhig und überaktiv und impulsiv. Sie können z. B. nicht abwarten, etwas zu erzählen.
b) Vorwiegend unkonzentriert: Diese Kinder sind in der Schule eher unauffällig, haben aber Schwierigkeiten mit dem Lernstoff. Sie sind verträumt, sie wissen nicht, was die Aufgabe ist oder bleiben nicht bei der Sache. Ihnen unterlaufen Flüchtigkeitsfehler. Sie brauchen viel Zeit, bis sie mit der Aufgabe beginnen und geben schnell auf.

Warum ist es so wichtig, etwas gegen eine Konzentrationsstörung zu tun? Konzentrationsprobleme haben Leistungsprobleme zur Folge, die häufig auch zu Verhaltensproblemen oder psychischen Störungen führen können (z. B. Ängsten oder Vermeidungsverhalten, einem schwachen Selbstwertgefühl, Leistungsdruck, Blackouts in Prüfungssituationen). Die Eltern-Kind-Beziehung kann ebenfalls belastet werden (z. B. durch ständige Auseinandersetzungen über Hausaufgaben).
Ziele des MKT: Was vermitteln wir den Kindern im Training?
● Entwicklung eines planvollen Arbeitsstils statt impulsivem Vorgehen (Selbstinstruktion)
● Selbstständigkeit
● Vernünftiger Umgang mit Fehlern
● Verbesserung der Leistungsbereitschaft
● Zutrauen in eigenes Können
● Verbesserung der Eltern-Kind-Interaktion

Wie funktioniert das Marburger Konzentrationstraining?
Entscheidender Bestandteil des MKT ist die Methode der verbalen Selbstinstruktion, die in fünf Schritten erlernt wird:
1. Modell-Lernen (Die Trainerin/der Trainer führt als Modell vor, wie das Kind zu einer Aufgabe sprechen und diese durchführen soll).
2. Fremdsteuerung (Die Trainerin/der Trainer spricht die Instruktion zu der Aufgabe und das Kind führt die Aufgabe durch).
3. Lautes Denken (Das Kind spricht die Instruktion laut, während es die Aufgabe durchführt)
4. Leise Selbstinstruktion (Das Kind flüstert die Instruktion bei der Durchführung).
5. Inneres Sprechen/Innere Selbstinstruktion (Das Kind denkt sich die Instruktion, während es die Aufgabe durchführt).
Wie läuft eine Gruppenstunde des MKT konkret ab?
1. Begrüßungsrunde: Ankommen in der Situation, persönliche Begrüßung, Strukturierung
2. Dynamische Übung: Spielerische Übungen mit grobmotorischen Anteilen. Dies dient dem Spannungsabbau, die Atmung wird hierbei angeregt, sodass sich der Sauerstoffanteil im Blut erhöht.
3. Entspannungsübung: Diese Übungen entsprechen der Grundstufe des autogenen Trainings und leisten Hilfe bei der Verarbeitung von Stress (Leistungsdruck, Streit, Veränderungen in der Familie, Medieninhalte, die noch nicht verarbeitet werden können.
In kindgerechter Weise werden Körperempfindungen wie Ruhe, Schwere und Wärme vermittelt. Kinder genießen in der Regel den Entspannungszustand. Ihre Fantasie wird angeregt und gefördert, ihr Selbstwertgefühl erhöht sich. Wichtig dabei ist, dass die Kinder sich in der Situation wohl fühlen, weshalb wir auf eine freundliche Atmosphäre und eine vertrauensvolle Beziehung zur Trainerin/zum Trainer achten.
4. Arbeitsphase: Bearbeitung von Arbeitsblättern aus dem Trainingsprogramm in der Gruppe. Wichtig dabei ist:
● Alle halten die (begründeten) Regeln ein.
● Es befinden sich nur die Materialien auf dem Tisch, die jeweils benötigt werden.
● Die Aufgaben werden von allen gemeinsam bearbeitet, es geht z. B. nicht darum, wer schneller ist, sondern darum, den anderen gut zuzuhören.
● Strukturiertes Vorgehen (Lesen der Aufgabenstellung, Wiederholen in eigenen Worten, Umgang mit Arbeitsmaterialien/Hefter, Abwarten in der Gruppe.).
● Positiver Umgang mit Fehlern (Sorgfältiges Arbeiten führt zu weniger Fehlern, Fehler selbst finden und korrigieren, Steigerung des Selbstwertgefühls: Ein Fehler ist nicht schlimm, ich kann ihn korrigieren.).
● Förderung der Motivation durch ein Belohnungssystem.

5. Kim-Spiel: Die Bezeichnung Kim-Spiele geht auf die literarische Figur des gleichnamigen britischen Romans Kim von Rudyard Kipling zurück. Kim trifft in Indien einen Händler und dessen Sohn. Der Händler zeigt den beiden Jungen einige Juwelen auf einem Tablett. Nachdem sie einen Blick darauf geworfen haben, sollen sie aus ihrem Gedächtnis die Steine aufzählen und beschreiben. Kim stellt fest, dass der Sohn des Händlers dies viel besser kann als er. Daraufhin nimmt er sich vor, solche Aufgaben zu üben. Kim-Spiele bewirken u. a.:
● Fokussierung der Aufmerksamkeit
● Training der Merkfähigkeit
● Die Aufmerksamkeit wird gezielt auf Wahrnehmungsmodalitäten gerichtet
● Verbesserung der Sinneswahrnehmungen
● Ausblenden von anderen, nicht relevanten, ablenkenden Reizen

Beispiele: Hörmemory, Schmecken mit verbundenen Augen, visuelle Merkspiele etc.
Es gibt eine zweite Arbeitsphase am Tisch (vergleiche oben).
Die Spielphase vermittelt Belohnungen und ein positives Gruppengefühl (Inhalte sind auch hier Konzentration und Merkfähigkeit).
6. Abschlussrunde: Gemeinsam reflektieren, Selbsteinschätzung der Kinder, Verabschiedung
Die immer gleiche Struktur der Trainingseinheiten vermittelt Sicherheit und hilft den Kindern bei der Entwicklung einer strukturierten Arbeitsweise.